Fragwürdige Anschuldigungen – Stellungnahme des AKS Berlin zu den Vorwürfen der GVV

Am 12.04. hat die GewerkschaftVerwaltung und Verkehr (GVV) eine Forderung an den Deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit e.V. formuliert, die unseren Handlungsleitfaden „So Nicht! Leitfaden für Auflehnung und Widerstand in der Sozialen Arbeit“ betrifft. Der Verband solle sich, aufgrund eines Verweises auf die Rote Hilfe im Leitfaden, von einer scheinbar „ausgesprochenen Rechtsempfehlung“ lossagen. Der Angriff basiert auf einem Missverständnis oder auf einer bewussten Verdrehung der Tatsachen. Wir möchten an dieser Stelle zu den erhobenen Vorwürfen – auch wenn sie fälschlicherweise nicht direkt an den AKS Berlin adressiert wurden – Stellung beziehen.

Zur Sache: In unserem Leitfaden benennen wir den Rote Hilfe e.V. als möglichen Ansprechpartner bei Konflikten in Bezug auf „Whistleblowing“. Die GVV sieht das mit Blick auf Verfassungsschutzberichte kritisch – dazu später mehr. In der Überschrift des Forderungspapiers heißt es: „GVV fordert Rücknahme einer fragwürdigen Empfehlung des DBSH im DBB“. Unterstellt wird, der AKS Berlin sei Teil des Berufsverbandes oder befugt für ihn zu sprechen, sonst könnte er schließlich keine „Empfehlung“ für ihn aussprechen. Das war und ist aber nie der Fall gewesen: Der AKS Berlin ist Teil des bundesweiten Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit, der seit 2005 existiert – mit vielen eigenständig agierenden Untergruppen im gesamten Bundesgebiet, Österreich und der Schweiz. Der DBSH hat also keine Empfehlung ausgesprochen, wir waren das.

Ein Blick ins Impressum (Seite 2) hätte der GVV geholfen: Der Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit Berlin wird dort als Herausgeber benannt. Von organisatorischer und finanzieller Unterstützung durch den Berufsverband ist die Rede. Deswegen auf einen grundsätzlichen Konsens zwischen unseren Positionen und denen des DBSH zu schließen, ist hanebüchen. Die GVV betrachtet den AKS Berlin und den Berufsverband trotzdem als eine Einheit („sind für den AKS und den DBSH Anlass für den Appell […]“). Das ist schlicht Unsinn und mit der Klärung dieses ‚Missverständnissesbrechen die Vorwürfe in sich zusammen. Der Verband stellt mit ’seiner Empfehlung‘ in keiner Weise seinen Rechtsschutz in Frage, weil er keine Empfehlung ausspricht. Nur nebenbei: Der Rechtsschutz von Gewerkschaften wird im Leitfaden auf Seite 25f. hervorgehoben. Nicht nur der des DBSH – was die Kritiker*innen der GVV hätte stutzig machen müssen und zur Klärung der Sprechposition der Autor*innen hätte anregen können. Bedauerlicherweise ist die GVV vor Erhebung der Vorwürfe weder auf den AKS Berlin noch – unseres Wissens nach – auf den DBSH für ein klärendes Gespräch zugegangen.

Obwohl die inhaltliche Verantwortung des Handlungsleitfadens bei uns, dem AKS liegt, gilt der inhaltliche Vorwurf dem DBSH. Bei uns ist er aber besser aufgehoben: Wir haben kein Interesse uns von dem Verweis auf den Rote Hilfe e.V. zu distanzieren. Wir wissen um die Einschätzung des Verfassungsschutzes – der die Akte zum NSU-Komplex für 120 Jahre mit einer Sperrfrist versehen hat, den ‚auf dem Boden des Grundgesetzes‘ stehenden Politiker Bodo Ramelow hat beobachten lassen und dessen ehemaliger Präsident auf Bundesebene in seiner Amtszeit kein Problem damit hatte, sich mit der damaligen AfD-Chefin Frauke Petry zu treffen. Die Liste an Skandalen ist so zahlreich und Kritik am Verfassungsschutz mittlerweile so sehr im Mainstream angekommen, das wir den unkritischen Verweis der GVV auf dessen Einschätzung in Bezug auf die Rote Hilfe nicht ernst nehmen können. Das der Verfassungsschutz in seiner Einschätzung weder politisch neutral ist, noch immer richtig liegt, beweist die teilweise Beobachtung des VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten).

Das unser (eher randständiger) Hinweis auf die Rote Hilfe Sozialarbeitende gefährdet, halten wir für eine steile These. Und das die Forderung der GVV im „Interesse einer kritischen Sozialen Arbeit“ ist, würden wir ausdrücklich in Frage stellen.


Über den AKS Berlin

Der AKS Berlin ist ein offener Zusammenschluss von Praktiker*innen, Lehrenden und Studierenden aus der Sozialen Arbeit sowie ihren Bezugswissenschaften. Uns verbindet der Wille zur Überwindung von Verhältnissen, die von Herrschaft und Unterdrückung geprägt sind. Wir erheben Einspruch gegen deren Aufrechterhaltung, an der auch die Soziale Arbeit aktiv beteiligt ist, und wehren uns gegen die Vereinnahmung unserer Berufspraxis. Wir stehen für die Entwicklung und Etablierung einer alternativen sozialarbeiterischen Praxis, die kritische Reflexion der Bedingungen selbiger und politische Aktivitäten Sozialer Arbeit.

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